Ch. Morgenstern
Durchgehalten! Yeah!
Es war schwierig. Seit gestern Mittag tanzte das Hungermonster um mich herum. Ich war müde, mein Kopf schmerzte und mir war kalt. Morgens kochte mir mein Liebling den Morgenkaffee. Abends gab es dann einen leckeren Salat mit Koriander und Hähnchenschnitzel. Mehr nicht.
Natürlich habe ich mich am Salat ordentlich satt gegessen. Doch innerhalb kürzerer Zeit turnte das Hüngerchen doch wieder vor mir herum. Als die Ablenkung durch einen Film einfach nicht funktionierte, bin ich völlig fertig, früh ins Bett gestiefelt. Mit mäßigem Erfolg. Hunger und Kopfschmerz ließen mich einfach nicht einschlafen.
Heute morgen waren Hunger und Kopfschmerz weg. Immerhin. Allerdings musste ich feststellen, dass ich tatsächlich in eine Hose, die ich mir letzten Sommer gekauft habe, nicht mehr reinpasse. Auch das Kleid von den Fotos sitzt nicht wirklich gut. Frust.
Habe mich also auch heute nur mit Kaffee befüllt und bin losgeradelt. Frühstück gab es gerade erst im Büro.
Irgendwie ist es mit dem 5-2-Fasten nicht so einfach , wie ich es in Erinnerung hatte.
Ob es an den neuen Umständen liegt? Am fehlenden Sport? Als ich noch allein wohnte, konnte ich an den Fastentagen einfach tun, wozu ich Lust hatte. Es war egal, ob ich maulig war. Irgendwie habe ich den Dreh, wie ich mit mir tatsächlich gut umgehen kann und gleichzeitig im Leben, im Job und in der Beziehung funktionieren, noch nicht raus. „Funktionieren“, was für ein Wort, was für ein Anspruch? Ist es wirklich so? Muss ich in einer Beziehung, in meinem Leben funktionieren? Mich einordnen? Ist es das, was mir so große Probleme macht? Lege ich mir gerade wieder ein „dickes Fell“ zu?
Als Kind musste ich mich früh um meinen kleinen Bruder kümmern, denn meine Mutter war schwer krank. Seitdem hatte ich ziemlich gut gelernt, meine Rollen zu spielen. Dachte ich jedenfalls. Mit knapp 19 Jahren bekam ich mein erstes Kind und mit 20 das zweite. Als relativ schnell Alleinerziehende war Funktionieren als Mutter natürlich notwendig. Jetzt sind die Kids erwachsen. Wieso sollte ich jetzt noch funktionieren? Im Zusammenleben mit dem Partner ist es wichtig, oder? Wie genau bekomme ich das hin? Fragen über Fragen.
Und das Gewicht schwankt wie die tägliche Wettervorhersage. Trotzdem. Habe es durchgehalten, yeah! Muss ja wieder irgendwann losgehen mit dem Abnehmen.
Außerdem hat das Fasten eine sehr wichtige Seite: Ich höre wieder genauer auf meinen Körper. Bin ein bisschen aus der Übung und von dem Hormon- und Glücksrausch der letzten Monate auch noch teilweise leicht betäubt. Offenbar braucht dieser Körper neben dem Glücksrausch der Liebe eine Aufmerksamkeit, die über Duschen und Eincremen hinaus geht.
„Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare.“
Christian Morgenstern (1871 – 1914), deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Journalist und Übersetzer
Mal sehen, wo diese Reise hingeht.